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Plastik und Grafik 1979 - 1988

 

 

 

 

Helmut Börsch-Supan (1988)

 

 
     
 

Dedo Gadebusch kann keine Figur gestalten, ohne in ihr einen Menschen in der Welt darzustellen, der eigentlich eine Verantwortung für diese hat. Keine seiner Figuren ruht nur in sich. Alle sind geformt und deformiert durch mehrschichtige Lebenserfahrung, durch Erlebnis des eigenen Ich, durch blinde Schicksale, durch das widervernünftige Weltgeschehen, das der Mensch sehenden Auges vorantreibt und nicht zuletzt durch seine Fähigkeit, sich überall durchzuwinden. Mit dem aufrechten Gang kommt man nicht weit.

Einige neuere Arbeiten kreisen um das Thema "Ikarus". Er war ein Künstlersohn, der auf seinem Höhenflug der Sonne zu nahe kam und ins Meer stürzte.

Die "Kybele - Unter Tempeln begraben", zerborstene Figur, wie Archäologen sie im Trümmerschutt finden mögen, rote Erde, die wie Blut aussieht, in den Bruchstellen, gehört an die Peripherie dieses Themenkreises, auch wenn eine einzige Brust den Kopf des Körpers bildet. Es sind gestürzte Idole. Kybele war mit vielen Brüsten dargestellt worden, um den Reichtum der Natur anzudeuten. Gadebuschs Figur ist ein Symbol reduzierter Natur.


Kybele

Das Hauptwerk dieser Gruppe ist der "Berliner Aufsteiger". Es ist Ikarus, ein Senkrechtstarter in verkrampfter Haltung. Die Muskelpakete deines Körpers, hier und da durch Bandagen geschnürt, sind steil

 

 

übereinander getürmt. Er ist ein Auferstehender, der zufrieden-verzückt lächelt. Noch ahnt er seinen Absturz nicht. Sein Fluggerät, einen knochenartigen Stock, aus dem Federn wachsen, hält er in der Linken wie eine Fahne. Die dichte grüne Patina gibt der Gestalt das Aussehen einer antiken Bronze, aber dieser Bezug zu einer fernen Vergangenheit läßt das Antiklassische des Menschenbildes nur noch deutlicher hervortreten.

Großer Ikarus III

 

Gadebuschs Figuren sind Negative. Sie sind Ausdruck eines Pessimismus, gegen den vernünftige Argumente nur schwer vorgebracht werden können. Gadebusch selbst hält ihm seine schöpferische Tätigkeit entgegen. Diese Negativbilder scheinen mir frei von Haß zu sein, sogar die Figuren von Rennfahrern, die sich verrenken, um doch noch die Kurve zu schaffen, sie scheinen mir eher mit einem Blick gesehen zu sein, der auch Trauer und Mitleid mit einschließt. In einer tiefen Schicht ist, so meine ich, eine Identifikation des Aufrechten, Mutigen, Widerstand nicht aus dem Weg Gehendem, mit dem verkrampften und gekrümmten Karrieremacher vorhanden.

     

 

 

 

     
 
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